Menu Close

Rebhühner

Ein bildhafter Vergleich gab lange Rätsel auf: »Wie ein Rebhuhn, das Eier brütet, die es nicht gelegt hat, so ist, wer ein Vermögen erwirbt, aber nicht auf rechtmäßige Weise; in der Mitte seiner Tage muss er es verlassen, und an seinem Ende ist er ein Narr!« (Jer 17,11 SB).

Das Rebhuhn verdankt den hebräischen Namen kore (»Rufer«) wohl seinen durchdringenden Lautäußerungen, die weithin zu hören sind und weidmännisch als »Locken« bezeichnet werden. Vergleiche mit anderen semitischen Sprachen und die Erwähnung in verschiedenen antiken Quellen lassen keinen Zweifel an der Zuordnung. Auch der deutsche Name bedeutet »Rufhuhn«.

eier:potenz – Zwölf Eier sind noch gar nichts. Im Gelege von Rebhühnern kann sogar die doppelte Anzahl liegen. Kein Vogel brütet mehr eigenen Nach wuchs auf einmal aus.

sammler:ei

Obwohl das Rebhuhn (Perdix perdix) den Jägern und Naturkundigen des Abendlandes von alters her bekannt ist, wurde die Beschreibung des Propheten Jeremia nie beobachtet. Man wusste allerdings, dass Rebhühner in einem einzigen Gelege bis zu 24 (eigene!) Eier ausbrüten, was in der Vogelwelt einzigartig ist. So nahm man an, die »einfältigen Alten« haben sich nicht vorstellen können, dass das Rebhuhn einen solchen Eierhaufen selbst legen könne, woraufhin die Legende entstanden sei, es stehle sich seine Eier zusammen. Da es aber ansonsten keinen einzigen bekannten Fall gibt, wo ein irriger Volksglaube oder eine falsche Naturbeschreibung Eingang in die Bibel gefunden hätte, wäre dies eine ganz erstaunliche Ausnahme.

keep:cool – Dem (europäischen) Rebhuhn ist es im Süden zu warm. Sein Verbreitungsgebiet beschränkt sich deshalb auf die nördlicheren Regionen.

abschieber:ei

Die Lösung des Rätsels: Es handelt sich bei dem Vogel nicht um die Art Perdix perdix, die im Nahen Osten gar nicht anzutreffen ist, sondern um Perdix heyi (o. Ammoperdix heyi), das sehr ähnliche Arabische Wüstenhuhn, das in den trockenen Halbwüsten Israels, Ägyptens und Saudi-Arabiens weit verbreitet ist. Unter diesen Tieren kennt man »innerartlichen Brutparasitismus«. Das bedeutet, dass »alleinstehende« Weibchen, die von einem fremdgehenden Männchen befruchtet wurden, oder Weibchen, die ihren Partner oder ihr Nest verloren haben, die Eier einfach in einen fremden Nistplatz legen.

leg:ende – Das Wüstenhuhn (Perdix heyi) legt in der Brutzeit ein ausgeprägtes Territorialverhalten an den Tag, das fremde Artgenossen daran hindern soll, sich ihrem Nest zu nähern. Die Idee, dass sie so eng beieinander nisten, dass sie ihre Eier nicht mehr unterscheiden können, ist ebenso abwegig, wie das Märchen vom Eierdiebstahl.

Es kommt sogar vor, dass Weibchen aus »geordneten Verhältnissen« (verlässlicher Partner, tadelloses Nest) sich dieser unsauberen Methode bedienen, weil sie offensichtlich »zu faul« zum Brüten sind. Die Leihmutter, die den fremden Eiern Schutz und Wärme spendet und mit Stolz ihr zahlreiches Gelege betrachtet, ist die Betrogene und investiert in eine andere Abstammungslinie.

kapital:flucht

Die frisch geschlüpften Wüstenhuhn-Küken sind Nestflüchter: Sie verlassen das Nest also wenige Stunden nach dem Schlüpfen, sobald ihr Gefieder getrocknet ist, um sich selbstständig ihre Nahrung zu suchen. Es wird berichtet, dass die Stiefkinder nun dem Ruf ihrer biologischen Mutter folgen und ihrer Pflegemutter davonlaufen.

selbst:bedienung – Als Nestflüchter sind die Jungen in der Lage, ihr eigenes Futter zu suchen, sobald ihr Gefieder trocken ist. Auf mütterliche Unterstützung brauchen sie dabei nicht zu hoffen.

Jeremia benutzt dieses Bild, um darzustellen, dass Reichtum, der nicht in der richtigen Weise erworben und betrachtet wird, den Menschen betrügt. Auch der Herr Jesus spricht vom »Betrug des Reichtums« (Mt 13,22; Mk 4,19). Es ist ein doppelter Fluch: Wer dem Reichtum nachjagt und ihn nicht erwirbt, fühlt sich betrogen und meint, sein Glück verpasst zu haben, und wer Reichtum angehäuft hat, wundert sich, warum er trotzdem leer und unglücklich bleibt. Wer geglaubt hat, durch sein Vermögen wenigstens Sicherheit zu gewinnen, bemerkt den Betrug erst am Ende, wenn seine Seele gefordert wird und er als Narr dasteht (vgl. Lk 12,16–21).

jagd:aus:flug

Obwohl alle Familienmitglieder der Fasanenartigen fliegen können, machen sie von dieser Fähigkeit in der Regel nur selten Gebrauch. So sind auch die Wüstenhühner immer »zu Fuß« unterwegs. Erstaunlich ist, dass sie oft selbst in größter Gefahr zu vergessen scheinen, dass sie sich in die Luft erheben können und zunächst einmal laufend fliehen. Überrascht ihr Verfolger sie mit hohem Angriffstempo, ist es häufig zu spät davonzufliegen. In Ägypten werden sie mit Windhunden gejagt, die so flink hinter ihnen her schießen, dass sie geschnappt werden, bevor sie abheben können.

aus:gelaufen – Wüstenhühner sind gute Läufer. Wenn sie allerdings meinen, einem Jagdhund davonlaufen zu können, werden sie eines Besseren belehrt.

Der Start ist sehr anstrengend für sie, und sie fliegen immer nur ein kleines Stück. Die Wüstenbewohner haben ihr Verhalten gut studiert, und Beduinenjungen machen sich einen Spaß daraus, die Tiere immer wieder aufzuscheuchen, bis sie entkräftet sitzenbleiben und sich fangen lassen. So jagt man sie wohl schon seit vielen Jahrhunderten, denn bereits David nahm Bezug darauf, als er sich an König Saul wandte, der ihn kreuz und quer durch die Wüste verfolgte: »Warum jagst du mich denn wie ein Rebhuhn in den Bergen?« (1Sam 26,20b NEÜ). Dabei hätte er sich erheben und die »Freiheit« gewinnen können, denn kurze Zeit vorher hatte er sich nachts in das Lager seiner Feinde geschlichen und stand zusammen mit einem seiner Elitekrieger über dem schlafenden Saul, verschonte aber sein Leben.

ver:sandet – Durch ihr Gefieder, das mit der Umgebung farblich perfekt verschmilzt, sind sie in der Wüste bestens getarnt.

ER:geben

David, der schon zum König Israels gesalbt worden war, als er von seinen Widersachern wie ein Wüstenhuhn durch das judäische Bergland getrieben wurde, weist in vieler Hinsicht auf Jesus Christus, den »Sohn Davids« hin. Auch Er wurde angefeindet und mit tödlichem Hass verfolgt, wie es in Klagelieder 3,52 beschrieben wird: »Wie einen Vogel haben mich heftig gejagt, die ohne Ursache meine Feinde sind.« Er hätte die Möglichkeit gehabt, »aufzufliegen« und sich seinen Feinden zu entziehen (oder sie in ihre Schranken zu weisen), doch es steht über Ihn geschrieben, dass Er, »als er in der Gestalt Gottes war, es nicht wie einen Raub festhielt, Gott gleich zu sein« (Phil 2,6 SB). Ein Dieb hat seinen Raub unrechtmäßig erworben, versteckt ihn und hortet ihn. Der Herr Jesus war rechtmäßig Gott, offenbarte es und trat von seinen göttlichen Rechten und seiner Macht zurück, als Er sein Leben aus freien Stücken hingab (Jh 10,18).

Beim Wüstenhuhn mögen schwach ausgeprägte Fluchtinstinkte und mangelnde Intelligenz dafür verantwortlich sein, dass es von seinem »Recht« davonzufliegen keinen Gebrauch macht; der Herr Jesus jedoch ordnete seinen natürlichen »Überlebenswillen« ganz bewusst dem Willen seines Vaters unter (Mt 26,39–44) und ermutigt uns, die gleiche Gesinnung zu zeigen (Phil 2,5).

Quellennachweis:

Berchorius, P: Incognitus apertius cognitus sive, 1721; S. 155

Brehm, A: Der Windhund (S. 592-599). Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs Leipzig (Verlag des Bibliographischen Instituts) 1884. http://www.zeno.org/nid/20007930968

Cornelii a Lapide, C: Commentaria in Jeremiam Prophetam Cap XVII. Typis, ac noviter sumptibus Hieronymi Albritii, 1717; Bd. 6, S. 508

Pieper, EO: Rebhuhn, Perdix perdix. https://www.wildhueter–st-hubertus.de/rebhuhn-2

Reusner, N: Tiere der Luft: Perdix. Emblemata 1567; IV:843-845

Rohwer, FC; Freeman, S: The distribution of conspecific nest parasitism in birds. Canadian Journal of Zoology 1989; 67(2):239-253. doi.org/10.1139/z89-035

Valerianus, P: De Perdice. Hieroglyphica, sive de sacris Aegyptiorum aliarumque gentium litteris commentariorum libri LVIII 1556; Liber XXIV:175-177. https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/valeriano1604/0065

Wronski, T: The seasonality of group size and group composition of sand partridge (Ammoperdix heyi) in the Ibex Reserve, Saudi Arabia. Turkish Journal of Zoology 2012; 36(2): 223-229 doi:10.3906/zoo-1008-5

Yom-Tov, Y: Intraspecific Nest Parasitism in Birds. Biological Review 1980; 55:93-108. doi.org/10.1111/j.1469-185X.1980. tb00689.x

Website mit allen Infos über Vogelfedern: https://www.featherbase.info/de/home

Website mit allen bekannten Vogelarten: https://avibase.bsc-eoc.org/avibase.jsp?pg=home&lang=DE

Bildnachweis:

Wikipedia: Verbreitungskarte Rebhuhn / Maximilian Dörrbecker (Chumwa)

andere Lizenzen: Rebhuhngelege / AdobeStock_3880661.jpeg / Luis Bras // Hund jagt Rebhuhn / AdobeStock_36402310.jpeg / José 16 // Hund hat Rebhuhn erbeutet / AdobeStock_212333660.jpeg / Vitalii_Mamchuk // Wüstehuhn verteidigt sein Gelege / agefotostock_AIK-MRA1970.jpg / Markku Rantala // Wüstenhuhnküken am Wasser / agefotostock_ALM-E647D6.jpg / Eyal Bartov // Rebhuhn / shutterstock_604694855.jpg / serkan mutan // Arabisches Wüstenhuhn, gut getarnt / shutterstock_1948233085.jpg / Agami Photo Agency

Link zum Buch: https://www.daniel-verlag.de/produkt/federfuehrer

Artigos similares[lang=en]Related articles[lang=de]Ähnliche Artikel