Unter den Säugetieren sind die Hundeartigen und darunter wiederum die Füchse die Anpassungsfähigsten. Nur sie besiedelten alle Klimazonen der Erde erfolgreich und sind auf allen Kontinenten anzutreffen. Ihre Cleverness, mit der sie den Menschen Vorräte stehlen und deren zahmes Geflügel aus vermeintlich gut gesicherten Verschlägen rauben, haben ihnen in vielen Kulturen den Ruf gerissener Schlitzohren verschafft.
In Israel kommen mehrere Fuchsarten vor. Außer dem Rotfuchs (Vulpes vulpes), der fast überall in Europa, Asien und Nordamerika anzutreffen ist, leben hier auch der Afghan- oder Königfuchs (Vulpes cana), der Rüppell- oder Sandfuchs (Vulpes rueppellii) und der Fennek oder Wüstenfuchs (Vulpes zerda), die alle an die heißen und trockenen Umweltbedingungen der Wüste und Halbwüste angepasst sind.

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Aus sprachlicher Sicht gilt das Gleiche, was bereits für den Schakal beschrieben wurde: Die spitze Schnauze, der lange Schwanz, den der Waidmann als »Lunte« bezeichnet, und der gestreckte Körperbau begründen den hebräischen Namen tannin (14x), mit der Bedeutung »langgestreckt«. Dieser Ausdruck wird zwar auch für Seeungeheuer (möglicherweise Dinosaurier) und Schlangen verwendet, im Zusammenhang ist aber jeweils eindeutig, um was es geht. Ein weiterer Name, der verwendet und eher dem Fuchs als dem Schakal zugeordnet wird, ist schu’al (6x). Es kommt als Personenname (1Chr 7,36) und Ortsname »Land Schual« (1Sam 13,17) vor und im Plural in den Formen Schaalabbin (Jos 19,42), Schaalbim (Ri 1,35; 1Kön 4,9) und Salim (Jh 3,23). Außerdem bedeutet Hazar-Schual (Jos 15,28; 19,3; 1Chr 4,28; Neh 11,27) »Hof der Füchse«. Im Griechischen wurde die Bezeichnung alopex (Mt 8,20; Lk 9,58; 13,32) wahrscheinlich ebenfalls für beide Tierarten verwendet, wobei der Schakal im europäischen Raum deutlich seltener anzutreffen ist als der Fuchs. hu:chs – … aber kein »Hoax« – Der erste eindeutig nachgewiesene Mischling zwischen Hund und Fuchs wurde in Brasilien entdeckt und im August 2023 publiziert. Damit ist amtlich, was schon lange vermutet wurde, dass die Füchse zum gleichen Grundtyp gehören wie die Hunde. Der Hybride trägt die Bezeichnung »Dogxim« – eine Kombination aus dem englischen Wort für Hund und »graxaim do campo«, dem portugiesischen Namen für den Pampa-Fuchs (Lycalopex gymnocercus).

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Füchse ernähren sich auch von pflanzlicher Kost. Manche, wie der Afghanfuchs, leben sogar überwiegend vegetarisch und alle haben eine besondere Vorliebe für süße Früchte. Manchmal kommen sie uns damit in die Quere: »Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben; denn unsere Weinberge sind in der Blüte!« (Hld 2,15). Die Jungtiere fressen nicht nur die Weinbeeren, sondern knabbern außerdem die frischen Triebe ab und zerfasern die Rinde, wodurch die Rebe abstirbt. Dadurch richten sie noch mehr Unheil an als die ausgewachsenen Tiere.

Kein Winzer wird erfreut darüber sein, wenn Eindringlinge seine Weinstöcke verbeißen und sich an seiner hart erarbeiteten Ernte bedienen, aber einen viel größeren Schaden richten die Füchse mit ihrer Wühlerei an. Sie legen ihre Baue im Frühjahr und Frühsommer bevorzugt in Hanglagen mit lockerem Boden und deckendem Bewuchs an; ein Weinberg ist dafür ideal. Eine einzelne Wohnhöhle reicht ihnen meistens nicht. Der Sandfuchs beispielsweise legt einen Brutbau und mehrere Ruhebaue an, die bis zu fünf Eingänge haben. Mit ihren Löchern und Tunneln zwischen den Wurzeln zerstören sie das Wurzelgeflecht der Reben, wie es in einer Übersetzung treffend beschrieben wird: »die frechen, kleinen Füchse! Sie wühlen nur im Weinberg, wenn unsre Reben blühn« (Hld 2,15 GN). Als Rindenknabberer, Traubenkaperer und Minenbaggerer mindert der Fuchs den Ertrag und verdirbt den Weinberg, aber ein viel größerer Schaden droht noch ganz woanders: Füchse markieren ihr Revier mit ihren Ausscheidungen. Der Kot enthält oft Larven des Fuchsbandwurms (Echinococcus multilocularis), die sehr resistent sind. Gelangen diese Parasiten beim Verzehr der Früchte oder des frisch gekelterten Saftes in den menschlichen Körper, kommt es manchmal zur alveolären Echinokokkose, einer Wurmerkrankung, die unbehandelt fast immer tödlich verläuft, weil die Finnen menschliche Organe inoperabel durchwuchern. Außerdem sind Füchse die häufigsten Überträger des Rabiesvirus, das Tollwut auslöst. Infiziert man sich damit, stirbt man ohne entsprechende Impfung innerhalb weniger Wochen. Es ist offensichtlich, dass man alles daransetzen sollte, den Weinberg fuchsfrei zu halten.
Genauso offensichtlich ist, dass es sich im Hohelied um ein sprachliches Bild handelt. Schließlich handelt es sich beim Lied der Lieder um eine poetische Reflexion der Beziehung zwischen zwei Liebenden, nicht um einen Garten-Ratgeber. Was aber ist die Bedeutung dieser Metapher? Handelt es sich um eine an die Braut gerichtete Warnung vor jungen Männern, konkurrierenden Liebhabern (wie es die Übersetzungen »Gute Nachricht« und »Hoffnung für alle« in ihren Anmerkungen erklären)? Schauen wir uns die natürliche Seite dieses Bildes an: Die Füchse werden erst nach Einbruch der Dämmerung aktiv und ein Großteil des Schadens entsteht durch ihre unterirdische Wühlerei. Sie ruinieren die ganze Umgebung, ohne dabei richtig wahrgenommen zu werden. Was machen ein paar angebissene Stöcke, einzelne abgerissene Trauben, einige Löcher im Boden und die hier und da liegengelassenen »Häufchen« im großen Weinberg schon aus? – Das sind deutliche Hinweise darauf, dass es hier um zerstörerische Faktoren geht, die stark unterschätzt werden. Ob man diesen Vers zunächst auf die Beziehung zwischen Salomo und Sulamith bezieht oder ihn auf die Ehe und zwischenmenschliche Beziehungen ganz allgemein anwendet, man trifft immer auf »die üblichen Verdächtigen«: Jeder weiß selbst am besten, welche der vermeintlichen »kleinen Lässlichkeiten« er ausrotten sollte: unüberlegte Worte, die einen Großbrand auslösen können (Jak 3,5), kleine Verletzungen und Enttäuschungen, die wir anderen nicht vergeben und die dann als »Wurzel der Bitterkeit« in uns aufsprossen (Heb 12,15), Nachlässigkeit und Trägheit in der Beziehungspflege, durch die der ganze Weinberg in kürzester Zeit verwildert (Spr 24,30-34), unsere eigene Lieb- und Treulosigkeit, mit der wir uns an anderen versündigen, falsch gesetzte Prioritäten, die uns am Ziel vorbeileben lassen und, und, und …
Die wichtigste Beziehung im Leben eines Christen ist die zu seinem Herrn und Heiland. Auch hier gilt, dass es oft die kleinen und unbemerkten Dinge sind, die an unserem geistlichen Leben fressen und ihm den Saft absaugen, bis es vertrocknet und fruchtleer ist. Das Prinzip »Wehret den Anfängen!« ist eine gute Empfehlung, wenn wir bemerken, dass sich etwas in unseren Gewohnheiten zwischen uns und den Herrn Jesus schiebt.
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Füchse sind flexibel und neugierig, lernen schnell, erfassen Zusammenhänge und können ihre Erkenntnis in raffinierte Strategien umsetzen, die ihnen das Überleben in vielen Situationen ermöglichen. Sie passen ihre Wurfgröße an die Gegebenheiten an. Stehen genug Futter und Platz zur Verfügung, kann die Fähe bis zu 13 Welpen in einem Wurf zur Welt bringen. Dadurch kann sich die Population unter günstigen Umständen sehr schnell ausbreiten. Besonders interessant sind jüngere Untersuchungen zur Anpassung an die Großstadtumgebung. Im Stadtgebiet von London leben über 10.000 Füchse – mehr als in jedem Naturraum dieser Fläche. Abgesehen vom gelegentlichen Erbeuten von Ratten und Tauben leben sie ausschließlich von Abfällen. Diese erstaunliche Verhaltensadaptivität (Anpassungsfähigkeit) wurde offenbar schon früh beobachtet, denn von alters her ist der Fuchs ein Symbol für Raffinesse und Verschlagenheit. Der Herr Jesus nimmt Bezug darauf, als Er von König Herodes Antipas spricht: »Geht hin und sagt diesem Fuchs …« (Lk 13,32). Die Bevölkerung in Galiläa hatte sich mit dessen Regentschaft arrangiert, ihren Messias lehnten sie aber ab. Durch die Gegenüberstellung des listigen und räuberischen Fuchses mit der fürsorglichen Henne als Bild für den Herrn Jesus (Lk 13,34) weist Lukas darauf hin, dass dies ein schlechter Tausch war. Das negative Bild hinterlistiger Überlebensstrategie gebrauchte der Prophet Hesekiel in Bezug auf die falschen Propheten, die nur an sich dachten, aber das Volk ins Unglück stürzten: »Wie Füchse in den Trümmern sind deine Propheten geworden, Israel.« (Hes 13,4).

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Abgesehen von Bibern, die über viele Generationen hinweg riesige Staudammsysteme anlegen und ihre »Burgen« durch geniale Unterwassereingänge sichern, sind Füchse die Säugetiere, die die größten Baukonstruktionen errichten. In Ideallagen findet man Baue, die seit Jahrhunderten besiedelt sind, bereits in alten Dorfchroniken erwähnt werden und in der Jägerschaft schon eigene Namen tragen. Es handelt sich um komplizierte Geflechte aus Gängen und Höhlen, in der Jägersprache »Röhren« und »Kessel« genannt. Die unterirdische Struktur eines Fuchsbaues war weitgehend unbekannt, bis man sie bei der Erschließung neuer Kiesgruben erstmals genau untersuchte. Was sich den Wildtierbiologen dort offenbarte, war äußerst erstaunlich: Nicht nur die Dimensionen dieses Verbundsystems, das aus hunderten Metern Gängen und zig Höhlen bestehen kann, sondern auch geniale Grundzüge des Konzepts. So verlaufen die Röhren zum Wohnkessel immer ansteigend. Dadurch entsteht eine »Kältefalle«, und die warme Luft sammelt sich zuverlässig in dem Bereich, wo sich die Tiere aufhalten. Außerdem versuchen sie »Endröhren« – also blind endende Gänge – möglichst zu vermeiden. Dadurch können sie einem Verfolger (zum Beispiel einem »Bauhund«, der darauf spezialisiert ist, unter der Erde zu jagen) immer wieder entkommen, weil sie ortskundig sind. Schon lange war bekannt, dass Fuchs und Dachs eng vergesellschaftet sind, sich häufig den Unterschlupf teilen und darin »Burgfrieden« halten. Die genaue Untersuchung zeigte, dass der Fuchs dem Dachs zwar die schwersten Erschließungs- und Grabarbeiten überlässt, aber später fast den gesamten Komplex beherrscht. Da die Fuchsröhren etwas kleiner ausfallen dürfen als die des Dachses, kann er zwar dessen Infrastruktur mitnutzen, andersherum aber nicht. Ganz schön clever!

Der Herr Jesus hätte kaum ein besseres Beispiel wählen können, als er seine Lebenssituation mit dieser Wunder-Wohnung verglich: »Die Füchse haben Höhlen …, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege« (Mt 8,20; Lk 9,58). Während Füchse einen Rückzugsort haben, wo sie natürlicherweise sicher sind und nur mit sehr speziell gezüchteten und ausgebildeten Hunden bejagt werden können, war der Herr Seinen Feinden schutzlos ausgeliefert. Es gab kein abgeschiedenes Versteck, keine »Hochburg« Seiner Anhänger, keine »Hausmacht«, keine mächtige Sippe, die hinter Ihm stand und kein Netzwerk einflussreicher Freunde. Johannes, ein Jünger und engster Wegbegleiter Jesu, beschreibt Sein Wohnen auf der Erde so: Er »zeltete unter uns« (Jh 1,14 KNT). Es geht sogar noch weiter. Als Mensch war der Herr nicht nur schutzlos, sondern auch ruhelos. Der Ausdruck »kephalen kline« – »sein Haupt hinlegen« hat Signalwirkung. Er kommt nur in diesen beiden Versen (Mt 8,20; Lk 9,58) vor, wo der Herr davon spricht, dass es für Ihn auf der Erde keinen Ruheort gibt und dann noch einmal, als Er diesen Ruheort findet – in Seinem Tod: »und Er neigte das Haupt [klinas ten kephalen] und übergab den Geist.« (Jh 19,30).

Quellennachweis:
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Geptner, VG; Nasimovich, AA; Bannikov, AG: Mammals of the Soviet Union (Rotfuchs, S. 469-565, maximale Wurfgröße S. 541). Washington DC, USA (Smithsonian Institution Libraries) 1988
Harris, S: The food of suburban foxes (Vulpes vulpes), with special reference to London. Mammal Review 1981; 11(4):151-168; doi: 10.1111/j.1365-2907.1981.tb00003.x
Janko, C: Fuchsbau. Fernsehsendung: 3sat Nano vom 15.12.2011; https://www.youtube.com/watch?v=lXkQyBynsFk, abgerufen am 10.12.2022
Kurek, P; Kapusta, P; Holeksa, J: Burrowing by foxes (Vulpes vulpes) changes soil conditions and vegetation in a European temperate forest. Ecological Research 2014; 29:1–11; doi: 10.1007/s11284-013-1094-1
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Porps, BMP: Kleine Füchse. Deutsche Bibelgesellschaft – Academic, Online Bibel Kommentar (OBK), aufgerufen am 31.07.2022; https://www.bibelwissenschaft.de/bibelkommentar/beitraege-im-obk/detailansicht/ch/8b01459c0707000892d30ff272def2c0
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Wildtierportal Bayern: Fuchsbaue – Licht ins Labyrinth. https://www.wildtierportal.bayern.de/wildtiere_bayern/115877/index.php
Bildnachweis:
Wikipedia: Fuchs im Wald / Lutz Leitmann
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Link zum Buch: https://www.daniel-verlag.de/produkt/landlaeufer
