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Lazarus-Effekte

Bethanien (römische Provinz Judäa), 32 n. Chr. Eine große Menschenmenge trauert vor einer Felshöhle um ihren Freund Lazarus, der vor vier Tagen verstorben war und darin beigesetzt wurde. In dem warmen Klima hatte der Verwesungsprozess bereits begonnen und das Grab war mit einem davor gerollten Stein verschlossen worden. Es stößt zunächst auf Unverständnis, dass einer der Trauergäste nun verlangt, den Stein wieder zu entfernen. Als der Höhleneingang offen ist und dieser Mann mit lauter Stimme die aramäischen Worte „Elatsar tse haru-tsa“ ausruft, geschieht das Unfassbare: Aus dem Dunkel der Gruft stolpert der Verstorbene wieder ans Licht, mit Grabtüchern eingewickelt wie eine Mumie, aber lebendig und gesund!

aus:grabung

An der „Auferweckung des Lazarus“, die die Bibel uns in Johannes 11 überliefert, scheiden sich die Geister. Während es für viele andere Wunder des Herrn Jesus den Versuch einer natürlichen Erklärung gibt, ist in diesem Fall klar, dass ein Gestorbener, der bereits zu verwesen beginnt, nach allem, was Verstand, Erfahrung und Erkenntnis uns lehren, niemals als gesunder Mensch ins Leben zurückkehren kann. Es waren weder magische Worte noch eine „Zauberformel“, die der Herr gebrauchte; er befahl einfach: „Lazarus, komm heraus!“ – mit der Autorität seiner göttlichen Schöpfermacht. Dieses Ereignis veranlasste viele Juden, die den Messias erwarteten, an Jesus zu glauben (Jh 11,45). Andere dagegen, die sich bereits verschworen hatten, Jesus umzubringen, dachten daran, auch Lazarus zu beseitigen (Jh 12,10), obwohl sie das Wundergeschehen nicht in Frage stellten.

unglaub:willig

Wenige Tage zuvor hatte der Herr in einem Gleichnis genau diesen Effekt vorausgesagt: In Lukas 16,30 bittet der verstorbene Reiche am Ort der Qual, dass ein Mann aus den Toten wieder zu den Lebenden geschickt würde, „damit sie glauben und Buße tun“. In keinem anderen Gleichnis trägt irgendeine beteiligte Person einen Namen, doch Jesus nennt diesen Mann „Lazarus“!

Abraham, der „Vater des Glaubens“ (Röm 4,16), antwortet dem verlorenen Reichen nicht, dass es unmöglich wäre einen Verstorbenen ins Leben zurückzusenden, sondern erklärt: „Wenn sie nicht auf Mose und die Propheten hören, werden sie auch nicht überzeugt werden, wenn jemand aus den Toten aufersteht.“ (Lk 16,31). Glaube hängt demnach nicht zuerst davon ab, ob alle vorliegenden Fakten zu meiner Logik und Weltanschauung passen, sondern ob ich bereit bin, mich Gott und seiner Offenbarung zu unterwerfen. Es handelt sich also zuallererst um eine Willensentscheidung.

come:back

In der Biologie wird von einem Lazarus-Effekt gesprochen, wenn Tiere oder Pflanzen unter den heute lebenden Arten entdeckt werden, obwohl sie als ausgestorben galten. Das bekannteste Beispiel dafür sind die Quastenflosser (Coelacanthiformes), die als Fossilien vom Unterdevon bis zur Oberkreide auftreten, in den Schichten darüber allerdings nicht mehr gefunden werden. Deshalb ging man davon aus, dass diese Gruppe der Knochenfische vor 70 Millionen Jahren ausgestorben sei. Doch dann tauchte 1938 in Südafrika ein 1,50 m langes und 52 kg schweres Exemplar im Beifang eines Fischdampfers auf.

ausgeh:flossen

Der Wissenschaftler James Leonard Brierley Smith, der den Sensationsfund identifizierte und benannte, verfasste daraufhin ein Buch mit dem Titel „Old Fourlegs“ – „Alter Vierbeiner“. Der rauschuppige Meeresbewohner wurde nämlich wegen seiner großen, fleischigen Flossen, die wie kleine Beinchen von seiner Körperunterseite abstehen, für eine Übergangsform gehalten. Als Brückentier sollte er die Fische mit den ersten landlebenden Amphibien verbinden. Allgemein wurde angenommen, dass er mit seinen kräftigen Vorderextremitäten auf dem Meeresgrund umherstakste und möglicherweise bereits in der Lage war, das Wasser zu verlassen.

geht:gar:nicht

Einem Toten lässt sich viel andichten … Als es dank moderner Tauchboote ab 1987 erstmals möglich war, den Quastenflosser in seiner natürlichen Umgebung zu beobachten, stellte diese Annahme sich als falsch heraus. Latimeria, so der Gattungsname der heute lebenden Arten, schwimmt in Tiefen zwischen 70 und 400 Metern und denkt nicht daran, mit seinen Flossen auf dem Meeresgrund oder gar am Strand spazierenzugehen.

immer:schwimmer – ein Präparat des Komoren-Quastenflossers (Latimeria chalumnae), der heute noch im Indischen Ozean lebt.

Spätestens seit man sein Genom vollständig sequenziert hat, ist klar, dass der Quastenflosser keinesfalls das Missing-Link zwischen wasser- und landlebenden Tieren sein kann. Obwohl er sich nur schwimmend fortbewegt und als Vorfahr der Amphibien nicht in Betracht kommt, findet man kurioserweise bis heute in Lehrbüchern den Hinweis, dass er seine Flossen in einer Art „Kreuzgang“ bewegt und die Evolution damit bereits im Wasser eine Art des „Gehens“ hervorgebracht habe, die erst später an Land verwendet worden sei. Wie der „Übergang vom Wasser aufs Land“ vonstattengegangen sein könnte, ist weiter eine offene Frage in der Evolutionstheorie.

bevölkerungs:schichten

Am Beispiel des Quastenflossers lassen sich einige Dinge aufzeigen, die für die Fossilüberlieferung ganz allgemein zutreffen:

  • Die Versteinerungen zeigen nur selten Spuren von Verwesung oder Zersetzung (die besonders im Wasser schnell voranschreiten) – ein Hinweis auf schnelle Einbettung im Sediment infolge eines katastrophischen Ereignisses.
  • Ganze Gruppen tauchen plötzlich auf, ohne eindeutige Vor- und Übergangsformen – diese Missing-Links sind bis heute das größte Problem der Paläontologen, die alle Organismen in einem hypothetischen „Stammbaum des Lebens“ auf einen gemeinsamen Ursprung zurückführen wollen.
  • Tier- und Pflanzenfamilien existieren über viele Millionen radiometrischer Jahre, ohne sich wesentlich zu verändern – Stasis, das heißt Entwicklungsstillstand, ist der Regelfall, gravierende Veränderungen treten selten auf.
  • Die Fossilüberlieferung ist unvollständig – nicht alle zeitgenössischen Arten liegen als Fossilien vor. Wie der Quastenflosser sehr schön demonstriert, beweist das Fehlen bestimmter Fossilien in einer geologischen Schicht nicht, dass diese Form nicht trotzdem zum Zeitpunkt der Schichtbildung gelebt haben kann. Offensichtlich wurden in den meisten Katastrophen zusammenhängende Lebensgemeinschaften begraben. Wenn zum Beispiel in einem Kohleflöz aus dem Perm oder der Trias nur Pflanzen und Tiere des Ökosystems „Schwimmwald“ fossilisiert wurden, bedeutet das nicht, dass nicht andernorts zeitgleich auch Säugetiere und Menschen gelebt haben können.
frisch:fisch – Wie fast alle Quastenflosser ist dieser Coelacanth aus Solnhofen (Bayern) ohne Anzeichen von Verwesung eingebettet worden und wirkt so, als würde er zwischen den Kalkplatten herumschwimmen.

gemenge:lage

Zusammengefasst präsentiert uns die Fossilüberlieferung der Erde eine Menge Fakten, die sich in einer evolutionären Entwicklungsgeschichte kaum interpretieren lassen. Schon Charles Darwin war sich dieser Probleme bewusst. Seine Hoffnung auf die Entdeckung der Missing-Links in späteren Funden hat sich definitiv zerschlagen und die großen Übergänge, die seine Theorie erfordert, sind nicht belegbar.

Fairerweise muss allerdings gesagt werden, dass die Regelhaftigkeit der Fossilablagerungen tatsächlich den Anschein erweckt, dass es eine allgemeine Entwicklungsgeschichte des Lebens gegeben hat. Obwohl inzwischen einige weitere geologische und biologische Faktoren bekannt sind, die alternative Erklärungen für dieses Muster bieten, bleibt die weltweit zu beobachtende Schichtfolge in ihrer Eindeutigkeit ein Befund, der nicht gut zur biblischen Schöpfungs- und Urgeschichte passt. Dazu kommt, dass längst noch nicht für alle geologischen Prozesse dargestellt werden kann, wie sie in wenigen Jahrhunderten statt in Jahrmillionen abgelaufen sein können (auch wenn es hier in den letzten Jahrzehnten deutliche Fortschritte gab).

kron:zeuge

Warum mutet Gott uns so ein Mosaik aus mehrdeutigen Fakten zu? Ich ertappe mich oft beim besserwisserischen Einwand des armen Reichen: „Nein, Vater …, sondern wenn …“ – man einen „Schichtsalat“ fände, in dem verschiedenste Trilobiten, Dinosaurier, Vögel, Säugetiere, Menschen kreuz und quer durcheinanderlägen – „… dann würden sie Buße tun.“

Die Antwort ist wohl noch immer die gleiche: „Sie haben Mose …“ – jedem, der eine Bibel aufschlägt, bezeugt er als erstes: „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde.“ Es folgen zehn „Abstammungsgeschichten“ (hebr. toledot), die Schöpfung und Urgeschichte nahtlos mit der Weltgeschichte verknüpfen und keinen Platz für die Abstammungsgeschichte der Evolutionstheorie lassen. Wer Gottes Offenbarung in der Bibel zurückweist, wird auch durch die eindeutigsten Befunde nicht überzeugt werden (Lk 16,30).

Quellennachweis:

Smith, JLB: Old Fourlegs. London (Longmans, Green & Co) 1956

Amemiya, CT; Alföldi, J: The African coelacanth genome provides insights into tetrapod evolution. Nature 2013; 496:311-316

Glaubrecht, M; Meyer, A: Ursprung der Landwirbeltiere ‑ molekulargenetische Verwandtschaft von Quastenflosser und Lungenfisch. Spektrum der Wissenschaft 1996, S. 22




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