Um einen besseren Eindruck von den geographischen und biologischen Gegebenheiten unseres schönen Planeten zu bekommen, betrachten wir ihn in diesem fiktiven Szenario als Modell im Maßstab »eins zu einer Million«. Wir schreiben das Jahr 2045 …
migrationsf:all
Als die Daten des Lincoln Near Earth Asteroid Research (LINEAR) erstmals zeigten, dass der Komet 109P/Swift-Tuttle sich auf Kollisionskurs mit der Erde befindet und am 14. August 2116 einschlagen wird, wurde die Operation SPACE-ARK ausgelöst. Seitdem wird fieberhaft an Plänen zur vollständigen Evakuierung des irdischen Festlands gearbeitet (die Wasserlebewesen sind in ihrem Element besser geschützt und ihre Populationen werden sich wahrscheinlich von dem Impact erholen). Nach der UN-Bioethik-Resolution gilt: Jedes Lebewesen ist gleich schützenswert, deswegen darf kein Landbewohner zurückbleiben. Nun liegen erstmals detaillierte Pläne vor – für einen Umzug auf unseren Nachbarplaneten Mars!

Der Mars eignet sich aus vielen Gründen. Zunächst einmal ist er relativ gut zu erreichen. Temperatur und Schwerkraft bewegen sich in erträglichen Grenzen und es gibt sogar eine dünne Atmosphäre. Darüber hinaus hat seine Oberfläche ziemlich genau die Ausdehnung der Landfläche der Erde, was einer 1:1-Übertragung sehr entgegenkommt. Außerdem gibt es 24-Stunden-Tage und, wegen seiner Achsneigung, sogar vier Jahreszeiten (wobei das Marsjahr allerdings 669 Tage hat).
Glücklicherweise steht durch die neuentwickelte Fluxkompensator-Technologie überall nahezu unbegrenzt Energie zur Verfügung. Dadurch lassen sich Geo-Engineering-Projekte in bisher ungeahntem Ausmaß realisieren. So werden die geologischen Strukturen des Planeten, beispielsweise die sieben Kilometer tiefen Mariner-Täler oder der 26 Kilometer hohe Vulkan Olympus Mons, komplett eingeebnet und alle für die Besiedlung benötigten Rohstoffe im Tagebau gewonnen. Diese vorbereitenden Maßnahmen werden den größten Teil der zur Verfügung stehenden Zeit beanspruchen.
arch:ipel
Als Blaupause für die Kolonie-Elemente auf dem Mars diente »Biosphere II«, ein 1991 in Arizona errichteter Komplex, in dem erstmals die Bedingungen eines eigenständigen, geschlossenen ökologischen Systems erforscht wurden (siehe Titelbild).
Das Projekt galt seinerzeit als gescheitert, aber seitdem hat man viel dazugelernt. Das neue Besiedlungsschema »Biosphere III« sieht vor, den Mars vollständig mit ähnlich konzipierten Arche-Modulen zu bedecken. Zu Ehren des Milliardärs Perry Edward Bass, der das Vorgängermodell finanziert hatte, werden sie als »Bass-Boxen« bezeichnet. Eine Bass-Box ist ein quadratisches Konstrukt mit 12 Kilometern Kantenlänge, das hermetisch gegen die Außenwelt abgeschirmt ist und eine Miniatur des irdischen Festlands enthält. Genau eine Million dieser Boxen finden auf dem Mars Platz. Es lohnt sich, die Bass-Box genauer zu studieren, um ein Gefühl für die globalen Verhältnisse zu bekommen. Eine Fläche von 12 x 12 Kilometern können sich die meisten Menschen in ihrer Nachbarschaft recht gut vorstellen und von geübten Wanderern lässt sie sich gerade noch an einem Tag umrunden. Mit dem Flächenmaß »Hektar« (ha) sind heute nur noch Leute vertraut, die mit Land- und Forstwirtschaft zu tun haben oder Landschaftsplanung betreiben. Das Fußballfeld (typischerweise 68 x 105 Meter) ist dagegen auch für Nicht-Sportler eine sehr anschauliche Größe. Deswegen wird ab jetzt in Fußballfeldern (FF) gerechnet.

flächen:nutzungs:plan
Für einen groben Überblick der Erdoberfläche ist die Drittel-Faustregel hilfreich: 1/3 der Erdoberfläche ist Land, 1/3 davon wiederum ist Nutzfläche, 1/3 von dieser Anbaufläche. Die insgesamt 20.000 FF einer Bass-Box repräsentieren nur die Landfläche der Erde und enthalten 2.400 FF, die für den Ackerbau zur Verfügung stehen. Eine ganze Menge, aber wenn man bedenkt, dass in jeder Kolonie 8.000 Menschen leben, kann man sich ausrechnen, dass ein Fußballfeld Acker drei Menschen ernähren muss. Solange vernünftig gewirtschaftet wird und keine Missernten auftreten, reicht das locker aus. Allerdings wird nicht die ganze Fläche für die Nahrungsmittelproduktion genutzt. So werden zum Beispiel 100 FF zur Produktion von Fasern (Baumwolle, Flachs, Jute und Sisal) verwendet. Auf 47 FF wächst Raps und auf 37 FF Zuckerrohr – beides hauptsächlich zur Energiegewinnung. Selbst der Ertrag von den 250 FF Mais wird größtenteils nicht gegessen, sondern in Bioethanol und Biogas verwandelt, um verbrannt zu werden. (Dank des Fluxkompensators wird sich das jetzt hoffentlich ändern.)

Wer in einer großen Stadt aufgewachsen ist (wie die meisten Menschen heute), gewinnt den Eindruck, dass die Erdoberfläche überwiegend mit Asphalt und Beton versiegelt ist. In der Bass-Box sieht man, dass es nicht ganz so schlimm ist. Die Wohnanlagen und Infrastrukturen der Bewohner beanspruchen eine Fläche von 308 FF – also etwa 1,5% der Gesamtfläche.

kommun:erde
Der Schwerpunkt liegt in diesem Buch auf den landlebenden Säugetieren. Deren Populationen liegen in der Bass-Box in einer anschaulichen Größe. Möglicherweise überrascht es den Leser, dass es, auf der Ebene biologischer Arten betrachtet, von keiner Säugerspezies mehr als 8.000 Tiere gibt. Es gibt weder mehr Wanderratten noch Hausratten oder Hausmäuse als Menschen. Man vermutet, dass irgendwann zwischen 2021 und 2024 der Zeitpunkt lag, ab dem es mehr Individuen des Homo sapiens als von jeder Art der Säugetiere gab.
Ein weiterer erstaunlicher Fakt ist, dass die Herden der ältesten und wichtigsten Haustiere ähnlich groß sind. Es gibt in einer Bass-Box, mit geringen Schwankungen, 1.000 Schafe, 1.000 Ziegen und 1.000 Rinder. Die 760 Schweine fallen dagegen ein wenig zurück. Hält man sich die Vermehrungsraten der Tiere und die 8.000 menschlichen Konsumenten vor Augen, wird klar, dass der Fleischkonsum kein ökonomisches Problem sein muss. Es ist genug für alle da. Es gibt noch ein paar weitere Pflanzenfresser: 60 Esel und Maultiere, 60 Pferde und 20 Kamele. Am Ende grasen auf den 5.200 FF Grünland etwa 4.000 Weidetiere. Damit ist reichlich Platz vorhanden.
Die Anzahl der Wildtiere fällt dagegen kaum ins Gewicht, was ebenfalls erstaunlich ist. Von keinem wildlebenden Pflanzenfresser gibt es genug Tiere, dass jede der eine Million Bass-Boxen eine eigene Herde davon halten könnte. Man wird sie aufteilen müssen – hier gibt es Gnus, dort Büffel, dort Zebras, dort Impalas (und da dann am besten auch die Geparden, denn für die Raubtiere gilt noch viel mehr, dass es von allen Arten nur vergleichsweise kleine Populationen gibt).
Von den 500 Hunden, die in jeder Kolonie Platz finden müssen, sind aktuell nur ein Viertel stubenrein und geimpft. Die anderen verlausten Streuner müssten für das Leben auf dem Mars erst noch etwas »sozialisiert« werden. Um die Tausenden von Ratten und Mäusen braucht sich niemand zu kümmern, die kamen immer gut allein klar und werden auch auf dem Mars jeden Winkel besiedeln (es sei denn, man fügt der UN-Bioethik-Resolution vorher doch noch eine Sonderklausel zur Definition von »Ungeziefer« hinzu).
Wie man die Bewohnerschaft aufteilt, wird noch diskutiert … Wird es 10.000 deutsche Bass-Boxen geben oder besser 80 Deutsche pro Bass-Box? Und würde es sich in diesem Fall lohnen, die elf Schulkinder altersgemischt in einer Klasse zu unterrichten (immerhin gibt es dort zwei deutschsprachige Lehrkräfte) …
friedens:stifter
Vielleicht teilen einige Leser die Faszination an fantasievollen Zukunftsvisionen und könnten sich darin genauso verlieren. Für viele Menschen sind solche Szenarien allerdings mehr als Fantasien. Die »Futurologie« sieht sich als seriöse Disziplin, die sich mit der »systematischen und kritischen wissenschaftlichen Untersuchung von Fragen möglicher zukünftiger Entwicklungen auf technischem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet« beschäftigt. Die dauerhafte Ansiedlung auf dem Planeten Mars und die Möglichkeit eines katastrophalen Kometeneinschlags auf der Erde werden dort seit Jahrzehnten diskutiert.
Wissenschaftlich betrachtet ist offensichtlich, dass Aussagen über zukünftige Entwicklungen mit großen Unsicherheiten behaftet sind und selbst für die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten für gewisse Ereignisse und Entwicklungen steht kein allgemein anerkanntes Verfahren zur Verfügung. Ganz anders sieht es allerdings aus, wenn man die Frage biblisch betrachtet. Gott kennt die Zukunft nicht nur im Detail, sondern Er ist derjenige, der sie letztendlich lenkt. Alles folgt Seinem Plan, dem »Ratschluss« Gottes (Ps 33,11; Jes 46,10; Apg 4,28). Gegenüber dieser biblischen und realen Zukunftsperspektive verblassen die kühnsten menschlichen Visionen. Es lohnt sich, diesen Ausblick zu studieren (z. B. mithilfe des Buchs »Tausend Jahre Frieden – Biblische Prophetie aktuell«).

Ein Aspekt dieser zukünftigen Verhältnisse auf der Erde muss hier im Buch unbedingt aufgegriffen werden – der »Tierfrieden«. Die Jäger und Fleischfresser werden sich wieder vegetarisch ernähren und friedlich mit ihren momentanen Beutetieren zusammenleben. Biologisch gesehen gibt es kein Modell dafür, wie eine Alternative zur Regulation der Populationsdichten aussehen könnte und wie die Nahrungsnetze in diesem Setting funktionieren könnten. Aber der Umstand, dass wir ein Szenario mit unserem aktuellen Wissensstand nicht modulieren können, bedeutet nicht, dass es deswegen nicht doch möglich sein kann. Auch das Zusammenleben von Mensch und Tier, das heute (oft in beide Richtungen) von »Furcht und Schrecken« (1Mo 9,2) gekennzeichnet ist, wird wieder in ein harmonisches Miteinander verwandelt werden.
Trotz dieser weitgehenden Wiederherstellung bleibt die Erde in dieser Friedenszeit ein Erprobungsraum für den Menschen. Erst nach dem letzten Showdown (Offb 20,7-10) wird keine Erprobung mehr nötig sein. Der gesamte Kosmos wird danach vergehen und durch »einen neuen Himmel und eine neue Erde« ersetzt (Offb 21,1; vgl. Jes 65,17; 2Pet 3,13). Wenn unsere heutige Welt die »Biosphere I« ist und das kommende Friedensreich die »Biosphere II«, haben wir hier die tatsächliche und finale »Biosphere III« vor uns. Ob es darin wieder eine Tier- und Pflanzenwelt geben wird? – Man darf gespannt sein, aber so wie wir Gott als Schöpfer kennengelernt haben, stellen wir fest, dass grenzenlose Vielfalt, verschwenderische Fülle, atemberaubende Schönheit, unübertreffliche Harmonie, grandiose Dynamik, geniale Funktionalität, überraschende Komplementarität und konzeptionelle Brillanz einfach zu Seiner »corporate identity« gehören. Was aus Seiner Schöpferwerkstatt kommt, kann gar nicht anders sein! Und dann wird sich die alte philosophische Frage, ob es das Böse geben muss, damit das Gute gut ist, von selbst beantworten.
Quellennachweis:
Cohen, JE; Tilman, D: Biosphere 2 and Biodiversity – The Lessons So Far. Science 1996; 274(5290):1150-1151; doi: 10.1126/science.274.5290.1150
Mücher, W: Tausend Jahre Frieden. Retzow (Daniel) 2004
Nelson, M; Allen, JP; Dempster, WF: Biosphere 2: A prototype project for a permanent and evolving life system for Mars base. Advances in Space Research 1992; 12(5):211-217; doi: 10.1016/0273-1177(92)90026-T
Nelson, M: Some Ecological and Human Lessons of Biosphere 2. European Journal of Ecology 2018; 4(1):50-55. doi: 10.2478/eje-2018-0006
Bildnachweis:
Wikipedia: Titel – Biosphere II / CGP Grey // Kometenbahnen / NASA/JPL-Caltech
Link zum Buch: https://www.daniel-verlag.de/produkt/landlaeufer
