Pferde stehen für militärische Macht und persönliche Erhabenheit. Ihre aufwändige und kostspielige Zucht, Ausbildung und Haltung machte sie zu einem Luxusgut. Trotz ihrer enormen Kraft wurden sie in biblischer Zeit kaum für landwirtschaftliche Arbeiten oder Transportaufgaben herangezogen, sondern waren fast ausschließlich für den »gehobenen Dienst« in Repräsentation und Kampf vorgesehen.

Die Abstammungsverhältnisse bei den Pferdeartigen (Equidae) sind kompliziert. Auch für das Hauspferd (Equus caballus) gilt, dass es uns in der Archäologie schon in frühesten Fundhorizonten begegnet und nicht mehr sicher rekonstruiert werden kann, welche Wildformen den domestizierten Tieren eventuell vorangegangen sind.

reit:unterricht
Das hebräische Wort sus (129x) bezeichnet das Pferd im Allgemeinen und den Pferdehengst im Besonderen. Die weibliche Form susa (Hld 1,9), die die Pferdestute bezeichnet, kommt nur in diesem Vers vor. Daneben wird das Wort rekesch (4x) verwendet, um besonders schnelle und ausdauernde »Renner« zu bezeichnen, wie sie im persischen Schnellkurierdienst (Est 8,10.14) verwendet wurden. In bestimmten Abständen waren Relaisstationen eingerichtet, wo die Post an einen anderen Reiter auf einem ausgeruhten Pferd übergeben wurde, der damit weitergaloppierte. Nur mithilfe dieses Stafetten-Systems, das als Vorläufer der modernen Post gilt, ließ sich das riesige persische Reich effizient verwalten. In poetischer Weise werden Pferde als kal (Schnelle, Renner; Jes 30,16) und abbir (Starke, Gewaltige; Ri 5,22; Jer 8,16; 47,3; 50,11) bezeichnet. Das Wort parasch (54x) bezeichnet meistens den Reiter, aber in einigen Fällen auch das Pferd (Jes 28,28; Jer 46,4; Hes 27,14; Joel 2,4). Die gelegentliche Verwendung von »Ross« statt »Pferd« in manchen Übersetzungen hat lediglich stilistische Gründe (»Ross« klingt etwas pathetischer).
Der Name Susi (4Mo 13,11) oder Susim (1Mo 14,5) bedeutet »mein Pferd«, Sismai (1Chr 2,40) »starkes Pferd« und Rekab (13x) oder Rekabiter (rekabi; Jer 35,2.3.5.18) »Reiter«. Die beiden Formen chazar-susa (Jos 19,5) und chazar-susim (1Chr 4,31) bezeichnen den gleichen Ort und bedeuten »Hof der Stuten« (also die hebräische Form von »Stuttgart«). Außerdem gibt es auch noch das »Rosstor« (hebräisch: scha’ar ha-susim) in der Stadtmauer Jerusalems.
Im Griechischen bezeichnet hippos (16x) das Pferd, hippeus (Apg 23,23.32) den Reiter und hippikon (Offb 9,16) das zugehörige Adjektiv (beritten). Das griechische Philippos bedeutet »Pferdefreund« und kommt als Personenname (Philippus; 35x), Ortsname (Philippi; Apg 16,12; 20,6; Phil 1,1; 1Thes 2,2) und als Bezeichnung der Einwohnerschaft (Philipper; Phil 4,15) vor. Der Name Agrippas (11x) bedeutet »wildes Pferd« oder »Pferdejäger« und der Name Archippus (Archippos; Kol 4,17; Phm 1,2) kann »Herr der Pferde«, »Stallmeister« oder »Anführer der Pferde« (im militärischen Sinn) bedeuten.

kampfge:pferde
In Israel waren Pferde im alltäglichen Leben entbehrlich. Sie wurden normalerweise nicht für landwirtschaftliche Tätigkeiten eingesetzt, und als Tiere ohne »gespaltene Hufe« waren sie nach 3. Mose 11,3 unrein und durften nicht gegessen werden. Die Lebensweise der Nomadenvölker der östlichen Steppen, bis tief nach Zentralasien hinein, ist dagegen ganz von ihrer Nutzung abhängig, sodass sie sogar als »Reitervölker« bezeichnet werden. Auch die damaligen Großreiche der Hethiter, Hurriter und Assyrer begründeten ihre militärische Macht im Wesentlichen auf den Einsatz von Streitwagen und berittenen Kriegern.
Ägypten erlebte in seiner Frühzeit eine Invasion von Fremdvölkern aus Südwestasien, den sogenannten »Hyksos«, die ihnen zwar zahlenmäßig weit unterlegen waren, aber dank ihrer Streitwagen schnell die Oberhand gewannen und das ganze Land unterwarfen. Die Ägypter konnten sich zwar nach einem Jahrhundert aus ihrer Fremdherrschaft befreien, aber diese Erfahrung prägte ihre Militärdoktrin, und die Pharaonen setzten seither ebenfalls auf eine exzellent ausgebildete Streitwagentruppe als Rückgrat ihrer Armee. Dies war wiederum prägend für das Volk Israel, das einen starken Eindruck von der Effektivität dieser Eliteeinheiten bekam. In der Geschichte Israels begegnet uns das Pferd zum ersten Mal, als Joseph in Ägypten herrscht (1Mo 47,17), aber eine andere historische Beschreibung ist wohl noch viel früher einzuordnen.

moti:wiehert
Gott gibt uns nämlich im Buch Hiob (Hi 39,19-25) eine Beschreibung, die zugleich der aufschlussreichste Bibeltext über das Pferd ist und deswegen hier Vers für Vers durchgegangen wird:
- »Gibst du dem Pferd Kraft, bekleidest du seinen Hals mit der wallenden Mähne?« (Hi 39,19) – Gott hat das Pferd sowohl mit großer Kraft versehen als auch seinen Hals »mit einer Mähne bedeckt«. Was bedeutet dieser Ausdruck? Abgesehen davon, dass er die Realität beschreibt und die fliegende Mähne eines galoppierenden Pferdes ein eindrucksvoller Anblick ist, hat er auch eine symbolische Bedeutung: Hals und Nacken sind an vielen Stellen ein Bild vom eigenen Willen (5Mo 31,27; 2Kön 17,14; Hi 15,26; Ps 75,6; Jer 7,26). Die Bedeckung mit langen Haaren spricht davon, dass eine übergeordnete Autorität anerkannt wird. Ein gutes Beispiel dafür ist der Nasiräer, ein Mann, der sich für Gott absonderte und als äußeres Zeichen dieser besonderen Weihe sein Haar lang wachsen lassen sollte (4Mo 6,5). Auch eine Kopfbedeckung, der Schleier oder das lange Haar der Frau drücken dies aus (1Mo 24,65; 1Kor 11,10.15). Gott hat das Pferd so geschaffen, dass es seine Kraft nicht für sich selbst verwendet, sondern in den Dienst seines Herrn stellt.
- »Bewirkst du, dass es aufspringt wie die Heuschrecke? Sein prächtiges Schnauben ist Schrecken« (Hi 39,20) – Eine gemeinsame Erwähnung von Pferden und Heuschrecken findet sich auch in Offenbarung 9,7: »Und die Gestalten der Heuschrecken waren gleich zum Kampf gerüsteten Pferden.« Im Deutschen werden einige Heuschreckenarten auch als »Heupferde« bezeichnet. Beide Tiere verbindet Sprungstärke und Schnelligkeit. Der Anblick heranstürmender und schnaubender Pferde versetzt einen Gegner in Schrecken.
- »Es scharrt in der Ebene und freut sich der Kraft, zieht aus, den Waffen entgegen« (Hi 39,21) – Aus der Beschreibung geht hervor, dass Hiob hier nicht friedlich grasende Pferde vorgestellt bekommt, sondern gerüstete Schlachtrosse, deren Unterordnung unter den höheren Willen ganz erstaunliche Auswirkungen hat. Normalerweise sind Pferde scheue Fluchttiere. Doch die speziell abgerichteten Pferde der Kavallerie sind so ausgebildet und trainiert, dass sie es kaum erwarten können, sich mit Todesverachtung in den Kampf zu stürzen. Sie scharren ungeduldig mit den Hufen und erwarten den bevorstehenden Waffengang gespannt.
- »Es lacht über die Furcht und erschrickt nicht und kehrt vor dem Schwert nicht um« (Hi 39,22) – Ganz entgegen ihrer furchtsamen und schreckhaften Natur rennen sie mutig auf die bedrohlichen Schlachtreihen des Feindes zu.
- »Auf ihm klirrt der Köcher, der blitzende Speer und Wurfspieß« (Hi 39,23) – Sie scheinen zu wissen, dass sie nicht wehrlos sind, denn sie tragen Reiter, die mit Waffen für den Kampf auf jede Distanz ausgerüstet sind. Diese schießen auf große Entfernung ihre Pfeile ab, schleudern dann auf mittlere Entfernung ihre Wurfspieße und führen danach den Nahkampf mit dem Speer oder der Lanze.
- »Mit Ungestüm und Zorn jagt es dahin und lässt sich nicht halten, wenn die Posaune ertönt« (Hi 39,24) – So stürmen die kampferprobten Rosse voller Elan in die Schlacht und machen sich das Anliegen ihrer Herren ganz zu eigen. Sie sind absolut kampfbereit. Diese Geradlinigkeit und kompromisslose Hingabe sind natürlich nur dann ein gutes Vorbild, wenn sie einem guten Reiter dienen. Für Menschen, die sich in ihrem Leben nicht von Gott führen lassen, gilt: »Alle rennen auf ihrem falschen Weg weiter wie Schlachtrosse, die in den Kampf stürmen« (Jer 8,6 Hfa).
- »Beim Schall der Posaune ruft es: Hui!, und aus der Ferne wittert es die Schlacht, den Donnerruf der Heerobersten und das Feldgeschrei« (Hi 39,25) – Es hat den Anschein, als ob das Pferd seine Berufung zum Krieger völlig annimmt, sich dieser Aufgabe mit Hingabe widmet und geradezu danach Ausschau hält, zum Einsatz in die Schlacht gerufen zu werden.

Hiob konnte daran erkennen, dass Gott Pferde dazu bringen kann, sich der Autorität ihres Herrn zu beugen, seine Erziehung anzunehmen und sich von ihm so ausbilden zu lassen, dass sie ihre alte Natur überwinden und im Dienst für ihn alles geben. Der Weg dahin ist nicht einfach. Jedes Pferd muss zuerst zugeritten werden. Dabei wird sein Eigenwille überwunden. Trotzdem dienen Tiere letztendlich dem Menschen, weil sie es müssen bzw. dafür gezüchtet sind. Der Mensch dagegen hat die Möglichkeit, Gott freiwillig und aus Liebe zu dienen. Will Hiob auch zulassen, dass er von seinem Gott und Herrn in die Lehre genommen wird, seine natürlichen Reaktionen überwinden lernt und sich Ihm gern ganz anvertraut?

Heute spielen Pferde beim Militär fast keine Rolle mehr. Im Polizeidienst werden sie allerdings immer noch gern eingesetzt. Für Einsätze in unwegsamem Gelände, in Parks und Naturschutzgebieten sind sie genauso gut geeignet wie für den Schutz von Großveranstaltungen wie Fußballspiele, Open-Air-Konzerte, Umzüge, Versammlungen und Demonstrationen. Hier sind die Tiere einem ähnlichen Stress ausgesetzt wie in den Schlachten der Antike. Selbst das Knallen von Schüssen und Feuerwerkskörpern in allernächster Nähe darf nicht dazu führen, dass sie erschrecken und durchgehen. An der Ausbildung von Polizeipferden kann gut nachvollzogen werden, was für eine harte Schule nötig ist, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Nur sehr wenige Pferde kommen überhaupt in die engere Auswahl, als Remonten, junge Militärpferde, in einer Reiterstaffel der Polizei ausgebildet zu werden. Das ist ein schönes Bild für einen »guten Streiter Christi Jesu« (2Tim 2,3), der in Gottes Dienst ohne Furcht auftreten kann.

pride:ride
Im Gegensatz zum Einzug des Herrn Jesus auf dem Rücken eines Eselsfohlen am Palmsonntag stehen die großen Herrscher und Heerführer der Geschichte, die bewusst eine dominante und kriegerische Symbolik wählten, indem sie sich hoch zu Ross präsentierten. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. wäre bei seiner Palästinareise 1898 gerne durch eines der Stadttore in Jerusalem eingeritten – in der unmissverständlichen Pose eines Eroberers. Sein Gastgeber, der Sultan des Osmanischen Reichs Abdülhamid II., konnte ihm dieses Ansinnen unmöglich gestatten. Da ihm aber eine gute Beziehung zum deutschen Reich wichtig war, kam er der kaiserlichen Geltungssucht entgegen und ließ als Kompromiss unmittelbar neben dem Jaffa-Tor ein 12 Meter breites Stück der Stadtmauer einreißen, damit Willhelm II. mit großem Gefolge einziehen konnte. Der soll zwar gegen diese »Barbarei« protestiert haben, aber der pompöse Einmarsch, der dadurch zustandekam, war dann doch ganz nach seinem Geschmack.

Als der Herr Jesus am Palmsonntag auf einem Eselsfohlen in Jerusalem einritt, wählte Er, gemäß außerbiblischer Überlieferung und aus geografischer Sicht naheliegend, die Route durch das Osttor. Auf dem gleichen Weg hatte zuvor die »Herrlichkeit des Gottes Israel« in der Vision des Propheten Hesekiel (Hes 10,19) den Tempel und die Stadt verlassen. In der Zusammenschau der verschiedenen Voraussagen über das Wiederkommen des Herrn Jesus »mit Macht und großer Herrlichkeit« (Mt 24,30; Mk 13,26; Lk 21,27) ist zu erkennen, dass Er dann zuerst auf dem Ölberg stehen (Sach 14,1-5; Apg 1,9-12), durch das Osttor in die Stadt einziehen (Hes 43,1-5) und von einer großen Menge begleitet werden wird (2Thes 1,7-10; Jud 14.15). Dieses Mal kommt Er allerdings nicht in friedlicher Absicht, sondern um zu kämpfen, zu siegen und zu richten – deswegen auch das weiße Pferd als passendes Attribut (Offb 19,11-16) sowie würdige Ehrung (vgl. Est 6,6-11). Es ist nicht zu erwarten, dass man für diesen Einzug erneut Mauern einreißen muss, denn die alten Gewölbe werden von sich aus den Weg freigeben: »Erhebt, ihr Tore, eure Häupter, und erhebt euch, ewige Pforten, damit der König der Herrlichkeit einziehe!« (Ps 24,7.9).

Hättest du so die Welt geliebt
Manfred Siebald, 1984
Hättest du so die Welt geliebt
wie wir und unseresgleichen –
du hättest Güter angeschafft,
hättest geplant, gekauft, gerafft,
hättest besessen, was es gibt,
als einer von den Reichen.
Hättest du so nach Macht gestrebt
wie wir und unseresgleichen –
du hättest Heere angeführt,
hättest gewühlt und Hass geschürt,
hättest als starker Mann gelebt
auf einem Weg voll Leichen.
Und wir – Jesus, wir säßen hier
und pflegten wehmutsvoll dein Grab;
und ohne Hoffnung fragten wir,
warum es dich nur damals gab.
Und wir – Jesus, wir suchten noch
den einen Weg zu Gott zurück.
Im Herzen bliebe uns ein Loch
und Dunkelheit in unserem Blick.
Hättest du so nach Ruhm gefragt
wie wir und unseresgleichen –
du hättest dich nach vorn gedrängt,
die Fahne in den Wind gehängt
und wärst gestorben, hochbetagt,
mit allen Ehrenzeichen.
Und wir – Jesus, wir säßen hier …
haar:genau
Das Langhaar der Pferdemähnen und -schweife hat besondere Eigenschaften, die es für eine Vielzahl von Anwendungen qualifizieren. Als »Rosshaar« ist es bis heute ein Handelsgut, das in einigen Bereichen noch nicht gleichwertig durch Kunstfasern ersetzt werden kann. Da nicht klar ist, welche der späteren Textil- und Polstertechniken in biblischer Zeit bereits eine Rolle spielten und ob man damals schon wusste, dass die Bögen von Streichinstrumenten am besten mit einer Bespannung aus Rosshaar funktionieren, sei dies nur am Rand erwähnt.
Das Pferdehaar kommt in der Bibel in einem viel erstaunlicheren Zusammenhang vor. Vom kriegerischen Reitervolk der Thraker ist überliefert, dass sie virtuos mit ihren Steinschleudern umzugehen wussten. Sie trainierten diese Fertigkeit, indem sie auf Pferdehaare schossen, an deren Ende ein Stein oder ein kleines Bleigewicht hing. Bei einem Treffer wurde das Haar durchtrennt und das Gewicht fiel zu Boden. Diese Praxis wird auch im Buch der Richter beschrieben: »Und unter diesem ganzen Volk waren siebenhundert auserlesene Männer, die linkshändig waren und mit der Schleuder ein Haar treffen konnten, ohne zu verfehlen« (Ri 20,16 Lu).

Das hebräische Wort für »verfehlen«, chata, kommt in 220 Versen vor und wird sonst fast immer mit »sündigen« übersetzt. Diese kleine Episode liefert uns daher eine eindrückliche Illustration zur biblischen Definition von »Sünde«: Es handelt sich um »Zielverfehlung«. Dabei ist eindeutig definiert: solange das Haar noch hält, wurde das Ziel nicht erreicht. Da hilft kein »aber gewackelt hat’s bestimmt!« – sondern es gilt: Knapp daneben ist auch vorbei!
ritter:lich
In unserer Kultur genießt das Pferd einen tadellosen Ruf. Während es unzählige Schmähungen und Schimpfwörter gibt, die in irgendeiner Weise mit Sau, Schwein, Ferkel, Schaf, Zicke, Bock, Kamel, Rindvieh, Ochse, Kuh usw. gebildet werden, sind Pferde von dieser verächtlichen Bezugnahme weitestgehend ausgenommen. Die Darstellung im Buch Hiob stellt sie uns Menschen als gutes Vorbild in puncto Mut und Hingabe vor und auch sonst werden sie in der Bibel keineswegs negativ beschrieben. Es wird lediglich ein Götzenkult beschrieben, in dem sie eine Rolle spielten (2Kön 23,11), über den aber historisch nichts weiter bekannt ist. Außerdem wird angemerkt, dass sie »keinen Verstand« haben (Ps 32,9), was aber ein allgemeines Kennzeichen aller Tiere ist. Wovor dagegen sehr wohl gewarnt wird, ist die menschliche Neigung, sich auf die Kampfkraft von Pferden und Streitwagen zu verlassen (statt auf Gott). Das Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte Israels, und wer dieser Spur folgt, lernt dabei wichtige Lektionen über Gottvertrauen.

pferde:tränke
Die erste Begegnung mit der ägyptischen Kavallerie machte Israel am Ufer des Schilfmeers, als plötzlich die Streitwagen, die Reiterei und die Heeresmacht des Pharaos auftauchten (2Mo 14,9). Eine unfassbar beängstigende Situation: die Menge aus Tausenden von Menschen, Männer, die im Kampf unerfahren und wahrscheinlich kaum bewaffnet waren, mit Frauen und Kindern, schwer bepackt, mit einem großen Tross an Viehherden (2Mo 12,34-38). Sie waren unfähig, sich zur Abwehr zu formieren und zu verteidigen, keine Deckung, rechts und links nur flache Wüste, vor ihnen das Meer – und hinter ihnen, schnell heranrückend, die modernste und schlagkräftigste Armee jener Zeit, allen voran die ratternden Streitwagen.
Was nun geschah, hätte sich niemand vorstellen können. Mose kündigte an, dass sichtbar werden würde, was Erlösung bedeutet: »Fürchtet euch nicht! Steht und seht die Rettung des HERRN« (2Mo 14,13). Das ist neutestamentlich gut auszulegen – »Rettung des HERRN« ist nichts anderes als die Bedeutung des hebräischen Namens Jehoschua, in Kurzform: Josua, oder griechisch: Jesus! Die erste Lektion betrifft alle, die zu Ihm gehören und unter »dem Schutz Seines Blutes stehen« (vgl. 2Mo 12; 1Kor 5,7). Sie lautet: Schau nicht auf die Pferde und Streitwagen, die sichtbare Widermacht, sondern auf Jesus und warte ab, was Er tut!
Zunächst stellte Gott sich schützend zwischen sein Volk und ihre Verfolger und hielt diese auf Abstand. Die zweite Lektion gilt jedem und lautet: Entscheidend ist, auf welcher Seite du stehst – die eine Säule, die dort sichtbar wurde, hatte zwei Seiten! Für die Feinde war sie Wolke, Kälte und Finsternis, sodass sie sich die ganze Nacht nicht von der Stelle rühren konnten, für Gottes Volk war sie Feuer, Wärme und ein helles Licht, das die Nacht erleuchtete (2Mo 14,20). Die dritte Lektion zeigte dem Volk Israel dann, dass Gott jedes Mittel zur Verfügung steht, um Rettung zu bewirken. Er kann dazu einen »starken Ostwind« (2Mo 14,21) einsetzen, aber auch ganz unmittelbar die Feinde verwirren und die Räder von ihren Streitwagen stoßen (2Mo 14,24.25).

Am Ende versank das komplette Heer in den Fluten des Schilfmeeres und die Israeliten jubelten: »Singen will ich dem HERRN, denn hoch erhaben ist er; das Pferd und seinen Reiter hat er ins Meer gestürzt […] Die Wagen des Pharaos und seine Heeresmacht hat er ins Meer gestürzt, und die Auserlesenen seiner Wagenkämpfer sind versunken im Schilfmeer […] Denn die Pferde des Pharaos mit seinen Wagen und mit seinen Reitern sind ins Meer gekommen, und der HERR hat die Wasser des Meeres über sie zurückgeführt; und die Kinder Israel gingen auf dem Trockenen mitten durchs Meer« (2Mo 15,1.4.19). Hier, im Liedtext der Männer, ist die »Pferdeerfahrung« so etwas wie ein Refrain, der dreimal wiederholt und erweitert wurde. Die Frauen antworteten darauf im Wechselgesang nur mit dieser einen Zeile: »Singt dem HERRN, denn hoch erhaben ist er; das Pferd und seinen Reiter hat er ins Meer gestürzt!« (2Mo 15,21). Sowohl das Gericht als auch die Errettung waren vollkommen: Während kein Verfolger überlebte, kam keiner der Verfolgten ums Leben.

ross:mächte
Idealerweise hätte diese eindrückliche Erfahrung zur Folge gehabt, dass die Israeliten auf Pferde und Wagen verzichten, solange Gott auf ihrer Seite kämpft. Und tatsächlich, als ihnen in einer der ersten großen Schlachten gegen die Kanaaniter eine große Kriegsbeute in die Hände fällt, befolgen sie genau den Befehl Gottes, der lautete: »Ihre Pferde sollst du lähmen und ihre Wagen mit Feuer verbrennen« (Jos 11,6-9). Das Wort für »lähmen« ist akar und bedeutet an anderer Stelle auch »entwurzeln« (Pred 3,2). Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass Muskel- oder Sehnenstränge so durchtrennt wurden, dass die Pferde zwar noch gehen, aber nicht mehr laufen und springen konnten, wodurch sie zwar in verschiedener Weise nutzbar blieben (zum Beispiel zum Dreschen, Jes 28,28), aber für den militärischen Einsatz untauglich waren. Das kann als echter Vertrauensbeweis gelten, denn die eisenbeschlagenen Streitwagen der Feinde waren eine ernsthafte Herausforderung (Jos 17,16; Ri 1,19; 4,3), der die Israeliten militärisch wenig entgegenzusetzen hatten. Jahrhunderte später wusste auch König David aus eigener Erfahrung, was für eine schlagkräftige Waffe die Streitwagen der Philister und Syrer waren. Als ihm bei einem großen Sieg 1.000 Gespanne in die Hände fielen, lähmt er sie ebenfalls – aber nicht alle, sondern er behielt 100 übrig (1Chr 18,3). Bei ihm zeigt sich der Zwiespalt eines großen Heerführers, der einerseits ein »Mann nach dem Herzen Gottes« ist (1Sam 13,14; Apg 13,22) und Ihm oft ganz vertraut, der aber andererseits auch strategisch denkt und mit den eigenen Mitteln plant (1Chr 21,1-8).
Seinen Söhnen ist er damit kein gutes Vorbild, denn wo einmal 100 Streitwagen in der Kaserne stehen, ist der Anfang gemacht. Sowohl Absalom (2Sam 15,1) als auch Adonija (1Kön 1,5) präsentieren sich dem Volk mit Wagen und Reitern. Sie werden allerdings weit von Salomo übertroffen, der seine besondere Leidenschaft sogar in ein Liebeslied einfließen lässt: »Einer Stute an des Pharaos Prachtwagen vergleiche ich dich, meine Freundin« (Hld 1,9). Die herrlichen ägyptischen Pferde hatten es ihm angetan. Dabei hatte Gott schon lange, bevor das Königtum in Israel etabliert wurde, im »Gesetz des Königs« angeordnet: »Nur soll er sich nicht viele Pferde anschaffen und soll das Volk nicht nach Ägypten zurückführen, um sich viele Pferde anzuschaffen« (5Mo 17,16). Diese Vorschrift sollte vom zukünftigen König abgeschrieben und immer wieder gelesen werden. Trotzdem tat Salomo genau das, was ihm hier untersagt wurde (wie der Prophet Samuel es vorausgesagt hatte (1Sam 8,11). Er baute den Militärapparat Israels zu einer solchen Größe aus, dass dieser, trotz florierender Wirtschaft und hoher Tribut- und Steuerzahlungen, einen Großteil des Staatshaushaltes verschlang. Die Jahreseinkünfte Salomos betrugen 666 Talente Gold (1Kön 10,14), was bei der Umrechnung: 1 Talent = 3.000 Sekel dem Gewicht von zwei Millionen Goldsekeln entspricht. Bei einer Gold-Silber-Ratio von eins zu fünf, wie sie damals galt, sind das etwa 10 Millionen Silbersekel. Das ist eine enorme Summe, aber wenn man von 4.000 Pferdeständen für die Streitwagentruppe und 12.000 Reitern liest (2Chr 9,25) und ein Pferd 150 Sekel und ein Wagen 600 Sekel kosten (1Kön 10,29; ein erwachsener, männlicher Sklave kostete etwa 50 Sekel), wird deutlich, welche Dimension die salomonische Aufrüstung hatte. Dazu kamen noch horrende Kosten für gewaltige Bauvorhaben, einen verschwenderisch luxuriösen Hofstaat und einen Harem von tausend Frauen. Dies alles waren Faktoren, die mit zur Spaltung und zum Niedergang des Reiches beitrugen.

Hochleistungspferde wie die Schlachtrosse sind aufwändig in ihrer Haltung. Sie brauchen neben Gras und Stroh auch Getreide als Kraftfutter (in der Regel Gerste; 1Kön 5,8) und sind damit Nahrungskonkurrenten des Menschen. Da ist es in Notzeiten besonders fatal, wenn die Sorge des Herrschers zuerst dem Überleben seiner geliebten Pferde gilt (1Kön 18,5) und diese noch gut im Futter stehen, während gleichzeitig Frauen vor Verzweiflung ihre eigenen Kinder essen (2Kön 6,24-29; 7,13). Nach der Reichsteilung konnte weder das Nordreich Israel noch das Südreich Juda je wieder so große Streitwagenkontingente aufstellen, dass sie ihren mächtigen Nachbarn Assyrien und Babylon damit gewachsen gewesen wären. Das brachte einige Könige in Versuchung, Bündnisse mit Ägypten einzugehen, um durch dessen Streitwagen und Reiter gerettet zu werden. Auch nach vielen Schlachten, in denen sie immer wieder erfahren hatten, dass Gott ihnen auf wundersame Weise den Sieg über weit überlegene Feinde geschenkt hatte, suchten sie immer wieder ihre Rettung in Pferden und Wagen.
Dieser Konflikt wird in vielen Bibelversen thematisiert. David dichtete optimistisch: »Manche Völker schwören auf gepanzerte Kriegswagen und auf die Kampfkraft ihrer Reiterheere. Wir aber vertrauen auf die Kraft des HERRN, unseres Gottes« (Ps 20,8 Hfa). Er erkannte: »Wer meint, Reiterheere bringen den Sieg, der hat sich getäuscht. Sie können noch so viel Schlagkraft besitzen und dennoch vernichtet werden« (Ps 33,17 Hfa). Doch seine Nachfolger sahen in der mächtigen Reiterei eine Erfolgsgarantie. Durch den Propheten Jeremia warnte Gott Sein Volk in einer konkreten Situation: »Wehe denen, die nach Ägypten gehen, um Hilfe zu holen! Sie setzen ihre Hoffnung auf Pferde, sie vertrauen auf die unzähligen Streitwagen und die starken Reitertruppen. Den heiligen Gott Israels aber lassen sie außer Acht, den HERRN bitten sie nicht um Hilfe. […] Die Ägypter sind doch nur Menschen und nicht Gott; ihre Pferde sind aus Fleisch und Blut und haben keine göttliche Kraft. Der HERR braucht nur drohend seine Hand zu erheben, schon stolpert der Helfer, der Hilfesuchende stürzt, und alle beide kommen um« (Jes 31,1.3 Hfa).
Unsere Alltagsprobleme scheinen völlig anders zu sein als die Situation eines Herrschers, der durch übermächtige Feinde militärisch bedroht wird. Aber die Herausforderung bleibt die Gleiche. Auch wir müssen uns immer wieder prüfen: Vertrauen wir auf die Hilfe Gottes oder auf unsere eigene Kraft und Möglichkeiten? Letztlich ist das eine Frage unserer Herzenshaltung und Gott (nur Er) kennt unser Herz. Meistens erleben wir Seine Hilfe nicht als übernatürliches Wunder, sondern durch den richtigen Gebrauch dessen, was Er uns zur Verfügung stellt (Verstand, Erfahrung, Fähigkeiten, Geld, Beziehungen) oder durch andere Menschen (Ehepartner, Familie, Glaubensgeschwister, Freunde, Kollegen, Ärzte, Berater) zu teilwerden lässt. Solange wir unsere Sorgen und Probleme zuerst vor Ihn bringen und uns durch Sein Wort und Seinen Geist führen lassen, können die natürlichen Dinge zur Lösung beitragen. Das ist die Bedeutung des Verses: »Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber die Rettung ist des HERRN« (Spr 21,31). Gott hat keine Einwände gegen gerüstete Pferde – solange wir die Rettung von Ihm erwarten. Ein guter Leitsatz ist: »Sei schnell zum Beten, langsam zum Tun«, da wir uns oft selbst überschätzen und erst dann zu Gott rufen, wenn uns das Wasser schon bis zum Hals steht.
feuer:wache
In der Geschichte des Propheten Elisa (2Kön 6,8-23) ist zu sehen, dass es für den Gläubigen nicht nur ein Vertrauensschritt, sondern im Grunde genommen eine rationale Entscheidung ist, die Hilfe von Gott zu erwarten: »denn mehr sind die, die bei uns, als die bei ihnen [d. h. den Feinden] sind« (2Kön 6,16). Wenn es um das wahre Kräfteverhältnis geht, so gilt immer die Gleichung: x + Gott = Mehrheit (wobei x natürlich jeder x-beliebige, einzelne Gläubige sein kann).
Elisa und sein Diener wurden in der kleinen Stadt Dothan von einem großen syrischen Heer mit Pferden und Wagen umzingelt. Als dem Diener bei diesem Anblick die Knie schlotterten, bat Elisa Gott, dass Er ihm die Augen für die unsichtbare Realität öffne. »Da tat der HERR die Augen des Knaben auf; und er sah: Und siehe, der Berg war voll feuriger Pferde und Wagen, rings um Elisa her« (2Kön 6,17). Gott ließ sich dazu herab, Seine Macht in dieser Form sichtbar werden zu lassen, weil die Menschen jener Zeit Pferde und Wagen als das ultimative Rettungsmittel bei übermächtiger Bedrohung ansahen. Für den Diener war es genug, zu wissen, dass sie bereitstanden. Das Himmelsheer musste nicht kämpfen, denn Gottes Lösung in dieser Situation war ganz friedlicher Natur. Während Elisa und sein Diener plötzlich das Unsichtbare zu sehen bekamen, konnten die Feinde plötzlich nicht einmal mehr das Sichtbare wahrnehmen. Gott nahm ihnen einfach für einen Moment das Augenlicht und ließ sie blind und hilflos in Gefangenschaft tappen. Diese dauerte allerdings nur kurz, dann wurden sie von den Israeliten großzügig bewirtet und kehrten gesund in ihre Heimat zurück, was den Frieden wiederherstellte. Man könnte berechtigterweise einwenden, dass es sich bei diesen feurigen Pferden nur um eine »virtuelle Armee« handelte, die nichts mit dem Equus caballus der Biologie zu tun habe; genauso wenig, wie der »Wagen von Feuer und Pferde von Feuer« (2Kön 2,11), mit denen der Prophet Elia in den Himmel entrückt wurde und die Pferde in der Offenbarung des Johannes. Auch wenn mehr als ein Drittel der biblischen Pferde »virtuelle« Erscheinungen, Visionen oder Symbole sind, so ist doch die Macht Gottes sichtbar wirksam und real – die eine ganze Armee erblinden lässt, im Sturmwind einen Menschen aus dieser Welt lebendig in die Ewigkeit trägt und die feindlichen Heere vom Himmel her richtet.

Quellennachweis:
Crompton, N: Die Entstehung der Pferdeartigen. Genesisnet 2013; https://www.genesisnet.info/pdfs/Die_Enstehung_der_Pferdartigen.pdf
Gitter, AB: Ross, Reiter und Wagen. Eine theologische Deutung von Pferd und Streitwagen in der Hebräischen Bibel. Facharbeit an der Universität Tübingen 2018; https://evangelischer-bund.de/wp-content/uploads/2020/01/200109_RossReiterWagen.pdf
McMiken, DF: Ancient origins of horsemanship. Equine Veterinary Journal 1990; 22(2):73-78; doi: 10.1111/j.2042-3306.1990.tb04214.x
Shortland, AJ: Egyptians, Hyksos and military technology: causes, effects or catalysts? Oxford, GB (Oxbow Books) 2016; http://digital.casalini.it/9781785705663
Säve-Söderbergh, T: The Hyksos rule in Egypt. The Journal of Egyptian Archaeology 1951; 37(1):53-71; doi: 10.1177/030751335103700111
Sensenig, PM: Chariots on fire: Military dominance in the Old Testament. Horizons in Biblical Theology 2012; 34(1):73-80. doi: 10.1163/187122012X627812
Siebald, M: Manfred Siebald. Seine Lieder 1968 – 2018 (S. 121; Hättest du so die Welt geliebt). Holzgerlingen (SCM Hänssler) 2018
Smil, V: Horse power. Nature 2000; 405:125; doi: 10.1038/35012175
Webber, C: The Gods of Battle: The Thracians at War, 1500 BC – 150 AD (Kap. 4 Weapons). Barnsley, GB (Pen & Sword) 2011
Bildnachweis:
Wikipedia: Evolution der Pferdeartigen / H. Zell // Pferde des königlichen Wachbataillons / Tristan Surtel // Jerusalem Jaffator 1907 / Oregon State University Archives // Einzug Willhelm II in Jerusalem 1869 / Wuselig // Gemälde – die Eroberer / Pierre Fritel // Steinschleuderer / Messias s. cavalcante // Ägyptischer Streitwagen – Modell / Michael Barera // Versinkende Ägypter / Jemima Blackburn
andere Lizenzen: Titel – Araber-Stute mit Fohlen gallopierend / shutterstock ID_156372215 / Olga_i // Przewalski-Pferd / shutterstock ID_2140149145 / SolidMaks // Pferd mit wallender Mähne / shutterstock ID_427190146 / Callipso88 // Kavallerieattacke der 9th Lancers / shutterstock ID_245966590 / Everett Collection // Pferdegruppe – dynamisch / shutterstock ID_1721044096 / Callipso88 // Ägyptischer Streitwagen – in Aktion / shutterstock ID_1872907897 / Oliver Denker // Schimmel hochsteigend / shutterstock ID_1052541566 / mariait
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